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Urk: Ein Plädoyer für Urlaub am IJsselmeer

Es muss nicht immer die holländische Nordsee sein. Auch die kleinen Städchten am IJsselmeer haben viel zu bieten. Urk zum Beispiel. Das schöne Fischerdorf mit dem lustigen Namen eignet sich nicht nur hervorragend als Ausgangspunkt für Tagesausflüge, sondern bietet alles, was das Holland-Herz höher schlägen lässt: Süße Häuschen, einen Leuchtturm, Möwengeschrei und Spaziergänge am Wasser.

Hinweis: Im Beitrag empfehle ich euch ein B&B. Ich habe es selbst bezahlt und für gut befunden. Dennoch könnten einige von euch meine berechtigte Lobeshymne als Werbung empfinden.


Nachdem ich euch unmittelbar nach meinem IJsselmeer-Trip im September von Giethoorn vorgeschwärmt hatte, verging mir die Lust, auch noch die anderen holländischen Städtchen in einem separaten Blogpost vorzustellen. Während Giethoorn sich im Blogruhm sonnt und immer mal wieder Klicks einheimst, sollen nun aber auch die anderen Städte in der Region zum Zuge kommen. Denn das IJsselmeer hat mehr zu bieten als man denkt. Und bevor die Bilder im Archiv Schimmel ansetzen, haue ich eben jetzt eine Empfehlungsrunde Urk (gesprochen irgendwas zwischen Örg und Ürg) raus. Also, kommt mit in eine wunderbar skurrile Welt, die so ganz anders ist das Holland, was wir von unseren Städtetrips so kennen.

IJsselmmer, wenn man Nordsee haben kann?!

Verabschiedet euch von der rauen Nordsee, dem Kreischen der Möwen und dem lästigen Wind, der einem die ganze Zeit Sand in die Augen weht. Diesen ganzen Quatsch habt ihr am IJsselmeer nämlich nicht. Und wohl auch kein Salzwasser. Denn, was ich vor meinem Reiseantritt nicht so recht wusste, ist das IJsselmeer gar kein Meer, sondern ein Teich. Na gut, ein sehr großer Teich, der mal ein richtiges Meer war. Doch dann kam irgendwer auf die Idee, es wäre clever einen Deich zu bauen und die Meeresbucht Zuiderzee zwischen Nordholland und Friesland zu einem See zu degradieren.

Tja, das führte dazu, dass ich, ungefähr 80 Jahre nach dem Deichbau, ungläubige Blicke von einem Arbeitskollegen ernte für das freudige Verkünden meines nächsten Ausflugziels: Urk!

„Bitte wohin fährst du?“
„Ans IJsselmeer!“
„Du weißt schon, dass das kein richtiges Meer ist.“
„Na und, dass ist schön da. Und außerdem ist der Name lustig.“
„Du wählst deinen Urlaubsort nach dem Namen aus?“
„Neee, natürlich nicht. Aber da ist auch Schokland in der Nähe…“
„Aha. Ja, wirklich sehr lustig. Ich würde an die Nordsee fahren.“

Ihr merkt, große Ignoranz und überhaupt kein Sinn für Humor. Phöö …, sollen doch andere an die holländische Nordsee fahren, ich machte mich im vergangenen Spätsommer trotzdem auf ans IJsselmeer. Allein wegen der zwei Majuskeln am Anfang des Wortes. Und überhaupt, damals auf Krk in Koratien war es auch schön. Und da waren wir ja auch nur wegen des Namens …

Urk in Holland

Häuser in Urk am IJsselmeer

Fischerdörfchen Urk

Bevor dieser Blogpost allzu albern wird, mal ein paar handfeste Gründe für das IJsselmeer und Urk. Denn das kleine Fischerdorf am südlichen Ende des IJsselmeers hat mehr zu bieten als nur einen interessanten Namen.

In den Gassen (ginkies) des Ortskerns lässt es sich herrlich umherwandern. Alte, windschiefe Häuser mit schönen Fassaden und ein Leuchtturm strahlen Gemütlichkeit aus. Hier ist alles etwas ruhiger und beschaulicher als im 70 Kilometer entfernten Amsterdam. Und auch als an der Nordsee. Denn tatsächlich plätschert das IJsselmeer gemächlich vor sich hin, nur die Möwen sind genauso dreist wie ihre Kollegen etwas weiter westlich. Im Hafenbecken von Urk liegen hunderte Boote, davor reihen sich Cafés an Restaurants und Ferienhäuser. Im Supermarkt kann man sich mit Vla und Stroopwafeln eindecken. Mehr als 250.000 Besucherinnen und Besucher kommen Jahr für Jahr nach Urk. Häufig sind es Tagestouristen.

Die Gässchen sind vor allem deshalb so schmal, da Urk früher eine Insel war. Es blieb also einfach wenig Platz für Haus, Garten und Hof. Man baute alles dicht an dicht. So entstand das Labyrinth-artige Zentrum, das es sich zu erkunden lohnt. Nehmt dafür gerne einen Guide, der euch mehr zum Ort, den Menschen und den Besonderheiten erzählen kann. Das Fischerdorf hat nämlich mehr zu bieten als man denkt.

Bed & Breakfast De Roos

Hervorragend nächtigen lässt es sich in Urk übrigens im Bed & Breakfast De Roos. Das historische Haus direkt am Hafen wurde erst kürzlich renoviert. Wir wurden hier vom Sohn des Inhabers freundlich begrüßt, das Zimmer war top und das neue Badezimmer hatte die größte, freistehende Badewanne zu bieten, die ich je gesehen habe. Außerdem war das Doppel-Zimmer wirklich sehr günstig (im September 80 Euro die Nacht) und das Frühstück auch okay. Auf den Fluren stehen Kühlschränke mit Getränken. Wer ein Bier nimmt, wirft einen Euro in die daneben stehende Spardose. Kaffee und Tee gibt es sogar gratis.

Die freundlich eingerichteten Zimmer sind der ideale Rückzugsort nach einem aufregenden Tagesausflug. Sie sind mit einem Flachbild-TV und einer Kaffeemaschine ausgestattet. Und natürlich hat jedes Zimmer sein eigenes Bad. Top ist, dass es auch kostenfreie Pflegeprodukte gibt sowie einen Haartrockner.

Außerdem sind die Inhaber nicht nur nett, sondern auch gesprächig und geben einem beim Frühstück auf der Galerie im ersten Stock noch ein paar Gratis-Infos zum Ort und der Umgebung. Wir haben abends immer auf dem kleinen Balkon gesessen, den ihr auf dem Bild unten seht. Sehr süß das Ganze. Alles in allem also ein wirklich gutes B&B. Ein paar der Anekdoten und interessanten Fakten habe ich unten notiert.

De Roos in Urk, IJsselmeer

Bed & Breakfast De Roos

Sechs lustige Fakten zu Urk

  • Urk war lange Zeit eine Insel. Erst 1939 erhielt die Stadt Landanschluss. Und noch heute wird den Bewohnerinnen und Bewohnern nachgesagt, sie seien sehr speziell und verhielten sich, als ob sie den Inselstatus nie verloren hätten.
  • Ich hatte gelesen, dass die Einwohnerinnen und Einwohner sehr religiös sind. Das ist ungewöhnlich für unsere niederländischen Freunde und deshalb an sich schon eine Erwähnung wert. Während wir uns am Sonntag auf den Weg zurück nach Hause machten, kamen uns auch einige Urker mit Gotteslob entgegen. Allein 17 Kirchen hat die Stadt zu bieten. Die Einwohnerinnen und Einwohner sind aber nicht nur fromm, sondern auch wohltätig: Angeblich wird hier pro Kopf mehr gespendet als für als in jedem anderen Ort in Westeuropa.
  • Kennt ihr noch aus dem Schulunterricht die Bevölkerungspyramiden? Diese grafischen Darstellungen, die den Schülerinnen und Schülern bewusst machen sollen, dass Deutschland zu viel alte und zu wenig junge Menschen hat. Genau, die deutsche Bevölkerung lebt in einem Apfelbau statt in einer Pyramide. Und jetzt ratet mal, wie die der Stadt Urk aussieht. Genau, so wie sie sollte. Denn hier bekommt jede Frau statistisch 3,23 Kinder. Zum Vergleich, in Deutschland bekommt jede Frau nur 1,5 Kinder. Wäre das überall so, hätten wir keine Probleme mit der Finanzierung der Rente.

  • Die Kinder werden in Urk übrigens nicht aufwändig in einem Geschlechtsakt gezeugt und wachsen dann im Mutterleib heran. Nein, nein, Babys werden hier vom Storch gebracht. Der legt sie jedoch nicht auf die heimische Fußmatte, sondern vor der Küste auf einem Felsen ab. Die Männer müssen zu diesem „Ommelebommelestien”, das Google mit Kraken-Steine übersetzt, dann hinrudern und sie abholen. Crazy!
  • Ihre Freizeit widmen die Urker übrigens nicht nur dem Gebet, sondern auch dem Gesang: In der Stadt gibt es 20 aktive Chöre bei lediglich 18.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Bochum mit 361.000 Einwohnern, also einer Bevölkerung, die mehr als 20 Mal so groß ist, hat nur 2,5 Mal so viele Chöre. Nämlich genau 51.
  • Urker sollen besonders reinlich sein. Einer Legende nach putzen Urker Frauen jeden Tag die Fenster. Ich konnte das nicht beobachten, konstatiere aber: Fenster im Bed & Breakfast waren sehr sauber.

Wer gerne mehr zur Geschichte erfahren will, sollte das Museum „Het oude Raadhuis“ besuchen. Hier wird nicht nur etwas zur Fischerei ausgestellt, sondern auch die traditionelle Tracht erläutert. Das Highlight des Museums: Ein gut erhaltendes Fischerhaus. Hier erzählen euch virtuelle Figuren etwas zum harten Leben damals. Denn, das darf man bei all der verklärten Romantik nicht vergessen, das Fischerei-Geschäft ist eigentlich echt alles andere als ein Zuckerschlecken.

Der Leuchtturm aus dem Jahr 1844

Wenn ihr den Ort ganz durchwandert, kommt ihr im Westen zu einem Leuchtturm. Er ist 18 Meter hoch und wurde 1844 erbaut. Wer aufgepasst hat, weiß, dass Urk früher eine Insel war und heute eben nicht mehr. Logischerweise ergibt sich daraus auch, dass der Leuchtturm ein bisschen seiner Funktion, dem Lotsen von Fischern, beraubt wurde. Das Licht zeigte ja früher den Weg aus dem Hafen. Heutzutage ist er vor allem hübsch anzusehen und kann auch besucht werden. Von oben hat man eine sehr schöne Sicht über den Hafen und das Städtchen. Der Eintritt ist zwar nicht kostenfrei, aber erschwinglich.

Fazit

Ich glaube, diese Fakten haben euch überzeugt, oder? Ich kann Urk und das Bed & Breakfast auf jeden Fall für ein gemütliches Wochenende am IJsselmeer empfehlen. Auch als Ausgangspunkt für Tagesausflüge nach Giethoorn, Zwolle oder Kampen. Dazu aber ein anderes Mal mehr. Übrigens, wir haben dort direkt vor unserem Haus immer einen kostenlosen Parkplatz gefunden. Am Hafen gibt es insgesamt nicht viele, aber im September haben die ausgereicht. Ich weiß natürlich nicht, wie das im Sommer aussieht. Da der Ort nicht groß ist und ich ein paar Hundert Meter weiter auch noch Parkplätze gesehen habe, denke ich, es wird kein Problem sein für Tagesausflügler einen Stellplatz zu finden.

Egal ob Zwolle, Kampen oder Giethoorn, alle Städtchen sind mit dem Auto von Urk gut und schnell zu erreichen. Wer will, kann sich auch aufs Rad schwingen und über das Weltkulturerbe Schokland in den Nationalpark WeerribbenWieden fahren. Die Radwege sind wie fast überall in Holland gut ausgebaut und alles ist schön flach. Ideal also für Hobby-Radler ohne Kondition wie ich es einer bin.

PS: Habt ihr auch einen tollen Holland-Tipp abseits der sehr bekannten Adressen? Dann immer her damit, würde mich sehr freuen!

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1 Comment

  • Reply Jochen

    Toller Bericht mit einem kleinen Fehler. Man fährt nicht nach Urk sondern auf Urk, auch wenn es keine Insel mehr ist.

    19. Dezember 2022 at 18:56
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