Was mich im Juli beschäftigt hat

Im Juni habe ich im Blog ein neues Format gestartet: jeden Monat fünf Fragen und meine Gedanken dazu. Wer den Auftakt verpasst hat, kann hier nochmal nachlesen. Der Juli war alles andere als ruhig. Ich war viel unterwegs, habe aber jede Sommerminute dazwischen genossen. Besonders gefreut habe ich mich über ein Picknick auf der Halde Hoheward mit Blick über das Ruhrgebiet. Das hab ich schon super lange nicht mehr gemacht. Und ja: Der Sommer bleibt meine liebste Jahreszeit. Also, gehen wir doch direkt mal rein in den Monat Juli.

Ist „Nothing beats a Jet2 holiday“ der virale Hit 2025?

Es fängt harmlos an: Du scrollst durch Instagram, willst eigentlich nur kurz Reels checken und plötzlich ist er da. Dieser Song. Diese Stimme. „Nothing beats a Jet2 holiday“.

Erst denkst du: nett. Dann kommt er wieder. Und wieder. Irgendwann hast du keine Chance mehr und der Satz wohnt jetzt mietfrei in deinem Kopf. Auch mir ging’s so. Innerhalb von zwei Tagen hat mir Instagram gefühlt tausend Reels damit vor die Nase gesetzt. Von Leuten am Pool, Leuten im Dauerregen, Leuten mit Sonnenbrand, alle untermalt mit diesem Jet2-Werbe-Sound.

Was als clevere Werbung der britischen Airline begann, wurde zum Internetphänomen. Millionen nutzten den Clip, um ihre Urlaubs-Momente ironisch zu brechen. Ein Marketing-Traum, bis sich die US-Politik einmischte.

Denn dann kam das Weiße Haus unter Donald Trump auf die Idee, den Sound unter ein Video zu legen, das Abschiebungen zeigt. Urlaubsflair trifft auf Abschiebeflug und ich muss sagen: widerlich. Diese zynische Umdeutung eines fröhlichen Werbeslogans für politische Härte ist an Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten.

Jess Glynne, deren Song „Hold My Hand“ im Clip verarbeitet ist, reagierte empört: Ihre Musik stehe für Liebe und Zusammenhalt, nicht für Spaltung. Und genau so sehe ich das auch.

Berlin Sommer 2025 Vivantes

Welches Reiseziel hat euch zuletzt trotz Stress so richtig begeistert?

Der Juli war… sagen wir mal: nicht mein entspanntester Monat. Chronisch überarbeitet, ständig unterwegs, immer mit dem Gefühl, zwischen zwei Terminen eigentlich noch drei andere jonglieren zu müssen.

Einer der Highlights (und Gründe für meine Abwesenheit im Büro) war definitiv Berlin. Seit vielen Jahren begleitet unsere Agentur die Kommunikation der Vivantes Hauptstadtpflege. Meist aus der Distanz: Mails, Calls, Termine mit dem Marketing. Alles gut, aber selten mit einem Blick hinter die Kulissen.

Beim großen Sommer- und Jubiläumsfest im Zenner Biergarten an der Spree war das anders. Lockere Atmosphäre, kalte Getränke, ein echt schöner Berliner Sommertag. Vor allem aber: Gespräche mit den Menschen aus den Häusern. Sie haben von Herausforderungen erzählt, von Verbesserungen der letzten Jahre und davon, was ihnen ihre Arbeitgeberin bedeutet. Das hat mich beeindruckt und gefreut.

Ein schönes Detail: Wir als Agentur durften das Design für das Fest gestalten: vom Logo über die Bühnenrückwand bis zur Beschilderung, alles aus der Hand von Kerstin Reichelt. Fotograf Christian Reister war auch vor Ort und hat Menschen aus den Häusern porträtiert, die bald das Titelthema der neuen Magazinausgabe prägen werden.

Ich war schon etliche Male in Berlin, aber dieses Mal hatte ich zum ersten Mal das Gefühl: Hier zu leben, das wäre auch ganz nice. Vielleicht lag es am perfekten Wetter, vielleicht an meinem wunderschönen Hotel mit Dachterrasse am Hackeschen Markt oder am wirklich gelungenen Termin bei Vivantes. Bemerkenswert war es allemal.

Berlin war aber nur eine Station. Kurz davor ging’s nach Saarbrücken zu einem Pitch und weil ich offenbar keine Ruhe mag, direkt weiter privat nach Heidelberg. Die Stadt kenne ich schon, aber sie ist immer wieder schön. Falls ihr mal dort seid: Holt euch eine Pizza im Ristorante Papi. Sehr lecker.

Melanie Raabe Der längste Schlaf

Welches Buch hat mich im Juli begleitet und was hat es bei mir ausgelöst?

Im Juli habe ich endlich Der längste Schlaf von Melanie Raabe angefangen. Gekauft hatte ich es schon im November bei einer Lesung. Darin geht es um Mara Lux, eine Schlafforscherin, die selbst seit ihrer Kindheit unter massiver Schlaflosigkeit leidet und von albtraumhaften, manchmal prophetischen Träumen geplagt wird. Als sie erfährt, dass ihr ein altes Herrenhaus in der deutschen Provinz vererbt wurde, reist sie dorthin und erlebt, wie Traum und Wirklichkeit immer mehr ineinanderfließen.

Das Thema begleitet mich schon lange, nicht zuletzt, weil mein eigener Schlaf aktuell wieder alles andere als erholsam ist. Beim Lesen habe ich oft das Gefühl, die Müdigkeit der Protagonistin fast körperlich zu spüren und gleichzeitig diese beklemmende Mischung aus Realität und Traumwelt, die Melanie Raabe so atmosphärisch beschreibt. Ein Buch, das mich nicht nur wegen der Geschichte packt, sondern auch, weil es mein eigenes Nachdenken über Schlaf, Ruhe und innere Unruhe triggert. Und ein bisschen scary ist es natürlich auch. Deshalb muss ich es die Tage mal im Hellen zu Ende lesen ;)!

Warum hat mich Wimbledon dieses Jahr so gepackt?

Dieses Jahr fand ich Wimbledon richtig gut. Ich stehe normalerweise eher so auf die French Open und verfolge da wahnsinnig viele Spiele. Aber vielleicht hab ich dieses Jahr auch Wimbledon mehr verfolgt, weil ich das epische French-Open-Duell zwischen Jannik Sinner und Carlos Alcaraz noch so präsent hatte und mich die Neuauflage im Finale einfach neugierig gemacht hat. Ich mag Wimbledon bei Prime ohnehin sehr: das Studio über den Dächern der Anlage hat Atmosphäre, die Talkrunden sind klug geführt, und die Aufbereitung wirkt insgesamt deutlich runder und liebevoller als bei Eurosport.

In Paris lieferten sich Sinner und Alcaraz das längste Roland-Garros-Finale aller Zeiten – fünf Sätze, über fünfeinhalb Stunden, Tennis an der Grenze des Möglichen. In Wimbledon drehte sich das Blatt: Sinner gewann nach verlorenem ersten Satz in vier Durchgängen und sicherte sich seinen ersten Titel auf dem heiligen Rasen. Für mich völlig verdient.

Das Damenfinale hatte dagegen eine ganz andere Dramaturgie: Iga Świątek spielte Amanda Anisimova mit 6:0, 6:0 regelrecht an die Wand, sportlich eine makellose Demonstration wie damals von Steffi Graf 1988. Für Anisimova, in ihrem ersten Grand-Slam-Finale, war es sicher mega bitter. Ich hab da auch bisserl mitgeweint. Umso berührender war der Moment, als Prinzessin Kate ihr nach der Siegerehrung leise zuflüsterte: „You should be so proud.“


Ich frag mich bei sowas immer: Erinnert man sich später daran? Kommt man damit klar, wenn man so krass verliert? Oder kann man das vielleicht sogar schneller verarbeiten, da es so einseitig war, dass man eh keine Chance hatte und so gar nicht ins Grübeln kommen kann, was gewesen wäre, wenn man den einen Ball nicht ins Aus gespielt hätte oder den oder jenen Punkt gemacht.

Felix Banaszak

Warum irritiert es manche so sehr, wenn bei einem politischen Abend einfach über das gesprochen wird, was den Leuten wirklich wichtig ist?

Der Ort: Immer & Edel in Duisburg-Ruhrort. Backsteinwände, Fischgrätlaminat, pochierte Eier auf der Karte. Also genau das, was konservative Menschen gern als „nicht Ruhrgebiet genug“ abtun. Und genau dort fand Ende Juli ein Abend mit Felix Banaszak und Franziska Brantner statt. Die Bundesvorsitzenden der Grünen waren auf Sommertour.

Die Rheinische Post wunderte sich in ihrem Artikel fast ein wenig darüber, was an diesem Abend besprochen wurde und was nicht. Keine Rede von der Nato, keine vertiefte Diskussion über Migration, kein großer Block zur Bundeswehr. Stattdessen: Erbschaftssteuer, Wärmepumpen, Fahrradwege in Duisburg, E-Auto-Infrastruktur, soziale Ungleichheit. Und ja, auch queere Sichtbarkeit.

Mich hat das ehrlich gesagt nicht überrascht. Wenn die Grünen-Chefs auf ein Publikum treffen, das mehrheitlich grün tickt, diskutiert niemand darüber, wer am besten abschiebt oder welche Richterin man verhindern sollte.

Ich war an dem Abend da. Ich habe mich gemeldet und Felix gefragt, warum er seine Bisexualität im ZEIT-Porträt so beiläufig hat droppen lassen. Seine Antwort: Es sei doch kein Geheimnis. Wer ihn kennt, weiß das. Dennoch sei es ihm nicht leicht gefallen, sich begleiten zu lassen, weil er ein bisschen Angst hatte, dass das Portrait scheiße würde. So wie das von Altmaier im Spiegel damals, was ihn einfach echt nicht gutaussehen ließ.

Dass queere Sichtbarkeit schnell zum Spektakel gemacht wird oder ins Voyeuristische kippt, wenn Medien die falsche Tonlage treffen, ist also nicht nur theoretisch ein Risiko. Für Politiker:innen wie Felix ist es ein reales Spannungsfeld: Wie viel kann ich zeigen, ohne vereinnahmt zu werden? Wie viel Nähe ist glaubwürdig und wie schnell wird sie entwertet?

Felix ist regelmäßig auf CSDs unterwegs, war 2016 in Istanbul, um queere Aktivist:innen zu schützen, wurde dort verhaftet. Er redet nicht nur über Sichtbarkeit, er lebt sie. Und er benennt klar, was Sichtbarkeit auch für andere bedeutet: Dass zum Beispiel auch „stockheterosexuelle Männer“ Verantwortung tragen, wenn queere Menschen auf der Straße angegriffen werden.

Dass der Abend in der RP als ein wenig „abgehoben“ beschrieben wird, liegt nicht am Publikum und den Fragen. Sondern an der Perspektive. Denn wer dort war, hat gesehen: Hier wird nicht performt. Und hier wird über das gesprochen, was die Leute tatsächlich bewegt, auch wenn das manchmal eben nicht die Dinge sind, die Journalist:innen wichtig finden. Genau deshalb fragen sie ja nichts und sortieren die Fragen nicht vor, wie es üblicherweise der Fall ist.

Man kann sich darüber wundern. Oder man kann einfach mal zuhören.

PS: Kleiner Hype von mir. Kennt ihr True Dates? Die flavoured Datteln sind meine Entdeckung des Monats.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert